Tiefenpsychologie

Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Alfred Adler

Der Begriff Tiefenpsychologie fasst alle psychologischen und psychotherapeutischen Ansätze zusammen, die den unbewussten seelischen Vorgängen einen hohen Stellenwert für die Erklärung menschlichen Verhaltens und Erlebens beimessen. Die zentrale Vorstellung der Tiefenpsychologie ist, dass „unter der Oberfläche“ des Bewusstseins in den Tiefenschichten der Psyche weitere, unbewusste Prozesse ablaufen, die das bewusste Seelenleben stark beeinflussen.
Bekannte Beispiele für die Wirkung unbewusster Prozesse sind („Freud’sche“) Fehlleistungen (z. B. Versprecher, die verborgenen Gedanken bzw. Motive des Sprechers zum Ausdruck bringen; unbewusst motiviertes Vergessen, Verlaufen, Verlegen, etc.)

Da psychische Störungen durch vergangene Konflikte bedingt sind, stehen im Vordergrund der Therapie Aufdeckung und Auflösung dieser Konflikte sowie unbewusster Motive. Die drei Hauptströmungen der Tiefenpsychologie:

  • Psychoanalyse (Freud),
  • Analytische Therapie (Jung),
  • Individualtherapie (Adler),

und weitere Schulen der Tiefenpsychologie: Ich-Analyse (A. Freud), Fokaltherapie (Balint), Psychodrama (Moreno), Katathymes Bildererleben (Leuner), Transaktionsanalyse (Berne), Imago-Therapie (Hendrix).

In allen Hauptströmungen der Tiefenpsychologie gilt die Entwicklung in der Kindheit als bestimmend für die spätere Persönlichkeit. Auch die Ursachen für psychische Störungen werden zumeist in der frühen Kindheit gesehen. Eine Bedeutung kommt hier vor allem der Interaktion zwischen dem Kind und den wichtigen Bezugspersonen zu. Eine Übertragung liegt vor, wenn jemand Erwartungen (z. B. Rollenerwartungen), Wünsche, Befürchtungen oder Vorstellungen, die sich in früheren wichtigen Beziehungen gebildet haben, an das Verhalten oder die Eigenschaften anderer Personen richtet. Diese Erwartungen bilden nun eine Art Schablone, die wiederbelebt wird, wenn das Beziehungsmuster eine ähnliche Struktur aufweist wie zu der ursprünglichen Bezugsperson (z. B. Vater – Chef).

Abwehrmechanismen wie Projektion (unerwünschte Tendenzen der eigenen Person werden bei anderen wahrgenommen bzw. „angesiedelt“); Traumgedanken bzw. -bilder. Das Unbewusste wird in der Tiefenpsychologie auch als „Ort“ der wesentlichen Triebkräfte des Seelenlebens angesehen.

Ein wichtiges Konzept innerhalb aller tiefenpsychologischen Schulen ist der psychische Mechanismus der Verdrängung. Freud definierte die Verdrängung ursprünglich als „Erinnerungsabwehr“ schmerzhafter, emotional unangenehmer Erinnerungen aus dem Bewusstsein. „Abwehr“ ist eine eher aktive Leistung des „Ichs“ im Freud'schen Sinne, die der innerpsychischen Konfliktbewältigung dient und u. a. auch andere Formen der Abweisung aus dem Bewusstsein umfasst, wie beispielsweise die Verleugnung. Übertragung.

Psychoanalyse. Sigmund Freud
Im engeren Sinn ist die Psychoanalyse ein psychotherapeutisches Behandlungsverfahren. Im Unterschied zu übenden bzw. trainierenden Verfahren (wie Verhaltenstherapie) zählt sie zu den aufdeckenden Therapien, die versuchen, dem Patienten ein vertieftes Verständnis der ursächlichen (meist unbewussten) Zusammenhänge seines Leidens zu vermitteln – was oft mit dem Begriff der Einsicht verbunden wird. Es wäre jedoch ein Missverständnis, eine rationale Einsicht in die Verursachungszusammenhänge als wesentliches Ziel einer psychoanalytischen Therapie anzusehen. Vielmehr wird eine weitergehende Umstrukturierung der Persönlichkeit und insbesondere des Gefühlslebens in denjenigen Bereichen angestrebt, die zur Aufrechterhaltung psychopathologischer Elemente (Symptome, Persönlichkeitseigenschaften) beitragen.

Analytische Psychologie / Therapie. Carl Gustav Jung Jung entdeckte, dass es abseits des Bewusstseins konflikthafte Zusammenhänge gibt, die er als Komplexe bezeichnete, und die - obwohl unbewusst - die bewusste Absicht stören können.
Jung nahm ausserdem an, dass es neben dem persönlichen Unbewussten ein weiteres gibt, das kollektive Unbewusste (als tiefere Form des Unbewussten, siehe Archetypus). Er sah dieses gewissermassen als Lagerstätte des psychischen Erbes der Menschheitsgeschichte an, welches sich analog zum Körper während der Evolution entwickelt habe und durch sie geprägt werde. Die Analytische Psychologie zählt zu den so genannten Einsichtstherapien, die darauf ausgelegt sind, dem Kranken die Einsicht in sein psychisches Leiden zu vermitteln und durch diese Einsicht Veränderungen im Handeln und Erleben zu ermöglichen. Auch wenn der Einsicht dabei eine grosse Rolle zugeschrieben wird, so kommt doch der im Verlauf der Therapie entstehenden Beziehung sowie deren Analyse eine wichtige Bedeutung zu, um den Prozess der Auseinandersetzung sowohl einzuleiten als auch im Sinne des Patienten voranzutreiben. Eine der Grundannahmen der analytischen Psychologie ist, dass psychische Störungen, durch einen Konflikt zwischen Erfüllung und Abwehr des Triebes entstehen. Somit setzt auch die A. P. den Beginn einer psychischen Störung hauptsächlich in der Kindheit an. Darüber hinaus kann der Beginn auch in der Mitte des Lebens liegen, wo im Zuge des fortschreitenden Individuationsprozesses neue Lebensziele zu Konflikten führen. Die A. P. sieht die Symptome einer psychischen Krankheit sind nicht nur schädliche Warnzeichen, sondern enthalten auch ein Streben auf etwas Positives hin. Daraus leiten sich auch die Methoden ab, die zur Heilung einer psychischen Erkrankung führen sollen. Der Therapeut gewährt dem Patienten den Raum und unterstützt ihn durch Traumanalyse, die Auseinandersetzung mit den Phänomenen von Übertragung und Gegenübertragung sowie der aktiven Imagination, damit verdrängte oder aus anderen Gründen unbewusste Persönlichkeitsanteile bewusst werden können. Die nachfolgende Auseinandersetzung kann dazu führen, dass die Patienten diese in ihre Gesamtpersönlichkeit integrieren und in der Folge für neue Handlungs- und Erlebensmöglichkeiten offen werden.

Individualpsychologie. Alfred Adler
Alfred Adler sah den Menschen – wie es der Name seiner Individualpsychologie andeutet – als einzigartige Einheit, in der sich Körper und Seele nicht nur gegenseitig beeinflussten, sondern auch auf analoge Weise funktionierten. Ähnlich wie der Körper eine Organminderwertigkeit auszugleichen versucht, versucht die Psyche ein Minderwertigkeitsgefühl durch ein Geltungs- oder Vollkommenheitsstreben zu überwinden. Alle psychischen Möglichkeiten des Individuums wie emotionale Erlebnisfähigkeit, psychisches Profil (Charakter) und Intelligenz bilden sich nach Adler grundlegend in der frühen Kindheit, in der interaktiven Auseinandersetzung mit den ersten Beziehungspersonen je nach Anforderung und Förderung heraus. Diese frühen Lebenseindrücke bestimmen gemäss Adler den meist unbewussten Lebensplan des Menschen, das heisst, wie er sich selbst und seine Umwelt wahrnehmen kann, wie er das Verhalten seiner Mitmenschen interpretiert und wie er die drei Lebensaufgaben – Arbeit, Liebe, Gemeinschaft – löst. In dieser Zeit kann sich auch das für die Adlersche Lehre zentrale Gemeinschaftsgefühl entwickeln, das Gefühl des vertrauten Aufgehobenseins zwischen den Mitmenschen. Für die Individualpsychologen im Sinne Adlers ist es ein Gradmesser für die seelische Gesundheit des Individuums, welches sich dann in seiner Beziehung zur Gemeinschaft und seinem wechselseitigen Einfluss auf diese förderlich ausgestalten und verankern kann. Negatives Gemeinschaftsgefühl als Grundbefindlichkeit verursacht je nach Schweregrad einen latenten Minderwertigkeitskomplex und parallel dazu ablaufendes, d.h. ein das mangelhaft vorhandene Gemeinschaftsgefühl kompensierendes, überhöhtes Geltungsstreben ausgeprägt beispielsweise in Form von dem Individuum unbewusstem Dominanzverhalten, einen nervösen Charakter, eine Neurose oder eine den ganzen Mensch umfassende Psychose.

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Körperorientiere Psychotherapie



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