Gehirngerechte Selbstentwicklung im Alltag – Psychologische Körper- und Gefühlswahrnehmungsübung

(Selbst-)Wahrnehmung und (Selbst-)Bewusstheit trainieren

Die eigene Wirklichkeit neu entdecken – Offen sein, für das, was ist. Das eigene Handeln, Fühlen und Denken wirksam weiterentwickeln.

Neutrales Beobachten lernen – ohne unsere üblichen Vorlieben und Abneigungen

Im Alltag verlassen wir uns auf die uns in Fleisch und Blut übergegangenen Muster unseres Denkens, Fühlens und Handelns. Auf diese Weise laufen wir meist auf Autopilot. Bis wir hängen bleiben und so nicht mehr weiter kommen. Wir müssen uns neu ausrichten lernen.

Mittels neuer Herausforderungen entwickeln wir uns im Leben nämlich ständig erfahrungsbezogen weiter. Von Zeit zu Zeit verlangt dies nach der Überarbeitung unserer erfahrungsbezogenen Lern- und Lösungsansätze. Läuft das Ganze immer nur unbewusst, bleiben wir irgendwann in einer Sackgasse stecken. Die bewährten Methoden lassen uns im Stich. Neue Sicht- und Vorgehensweisen sowie passendere Tools sind gefragt. Dann ist es an der Zeit, unseren grundlegenden Umgang mit unserer eigenen Gedanken-, Gefühls- und Handlungswelt zu überarbeiten.

Die folgende Übung soll Ihnen helfen, in solchen Situationen wieder frischen Wind in die Segel zu bringen, um zu neuen Ufern aufbrechen zu können.

Wenn Sie Ihre Wahrnehmungswerkzeuge der inneren und äusseren Wirklichkeit schärfen, bahnen Sie sich neue Wege, die den neuen Herausforderungen in angemessener Weise gerecht werden. Und die Sie auf Ihrem weiteren Weg im Berufs- und Privatleben immer weiter nutzen können.

Ihr überkommener Funktionsmodus steht Ihnen dann weiterhin zur Verfügung, Sie verlieren dieses Standbein nicht. Sie identifizieren sich jedoch nicht mehr automatisch ausschliesslich mit diesem. Vielmehr entwickeln Sie ein zweites Standbein. Oder besser, ein neues Spielbein. So gewinnen Sie zusätzliche innere Freiheitsgrade und Handlungsmöglichkeiten.

Mit kriteriengeleitetem Selbstbewusstheitstraining machen Sie Ihren Persönlichkeitskern immer wieder neu handlungs- und entscheidungsfähig.

Selbstwahrnehmung schärfen – von innen her den Wirklichkeitsmuskel trainieren

Ziel der Übung ist es, schrittweise ruhiger und gelassener zu werden und dabei jenseits Ihres im Alltag sonst üblichen Funktionsmodus die eigene innere Wirklichkeit in einem neuen Modus wahrzunehmen - sozusagen mit Weitwinkelobjektiv und zugleich vollkommen fokussiert immer tiefer in Ihre Körper- und dadurch mit der Zeit auch Ihre Gefühlswahrnehmungen zu kommen. Damit werden Sie Ihre innere und äussere Realität intensiver, klarer und deutlicher wahrnehmen und umso prägnanter und lebendiger Ihre persönlichen Bewältigungsstrategien und Ihr Selbstbewusstsein erneuern.

Dazu nehmen Sie sich am besten drei Mal täglich je 10 bis 15 Minuten Zeit. Und machen sich danach jeweils kurze standardisierte Notizen (maximal 3 Minuten). Am besten eignen sich die Zeiten am Morgen nach dem Aufstehen, die Zeit um Mittag herum und die Zeit, wenn Sie abends nach Hause kommen.

Legen Sie sich während der Übung ruhig und entspannt auf den Rücken. Als Unterlage eignen sich Sofa, Bett, Sportmatte oder ein Teppich.

Schalten Sie nun vom Alltagsbewusstsein um, auf einen offenen Wahrnehmungsmodus nach innen. Dazu richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen in die Körperwahrnehmung und schliessen die Augen. Der Mund bleibt geöffnet. Merken Sie zwischendurch, dass Sie ihn geschlossen haben, öffnen Sie ihn einfach wieder. Dadurch entspannen Sie sich besser.

Üben entlang verschiedenen Kriterien der Selbstbewusstheit

Sie arbeiten mit folgenden Kriterien der Selbstbewusstheit: Sie beginnen immer mit Ihrer Gewichtswahrnehmung auf der Unterlage. In welchen drei Körperregionen spüren Sie Ihr Gewicht? Auf der Skala von 0 bis 10 schätzen Sie ganz spontan wie beim Brainstorming ein, wieviel Gewicht Sie im Augenblick gerade auf die Unterlage gegeben haben. 0 = Überhaupt kein Gewicht 10 = Volles Gewicht. Z.B.: Schulter = 7.

Dann fokussieren Sie etwa auf Unterschiede zwischen linker und rechte Körperhälfte, hier linke und rechte Schulter. Z.B.; links = 6, rechts = 8. Dann gehen Sie vielleicht zum Gesäss. Z.B.: Gewicht = 5, linke Gesässhälfte = 4, rechte Gesässhälfte = 6.

Danach gehen Sie vielleicht auf die Skala der Körperregionen mit Anspannung oder Entspannung. Oder Sie prüfen die Grössen einzelner Auflageflächen. Z.B.: 5-Franken-Grösse, 50-er Note, Buchgrösse etc. Oder Sie achten auf die Winkel oder Ausrichtungen z.B. der Beine/ Füsse. Oder auf die Temperatur einzelner Körperteile. Z.B.: 10 = Herdplatte, die gerade erst abgestellt wurde und noch recht heiss ist. 0 = Coldpack aus dem Gefrierfach. Sie zoomen noch tiefer in einzelne Körperregionen und deren inneren Phänomene rein. Sie achten zum Beispiel darauf, ob Sie irgendwo im Körper bestimmte Sensationen wahrnehmen wie etwa ein Ziehen, Kribbeln, Fliessen, Jucken, Sprudeln, Prickeln, Pulsieren, Klopfen und so weiter. Und dann gehen Sie noch tiefer rein und nehmen wahr, ob diese einmalig oder wiederholend oder etwa rhythmisch oder nur sporadisch auftauchen. Auch hier können Sie wieder skalieren. Z.B.: 0 = vollkommen im Takt 10 = total veränderlich.

Vertiefen Sie einfach immer mehr und immer weiter Ihrer Selbstwahrnehmung Ihres eigenen Körpers. Sie achten auch auf harte oder weiche Stellen. Ganz hart wäre etwa 0 und vollkommen weich wäre 10. Sie versuchen auch die Qualitäten oder Materialien der Härte oder Weichheit zu spüren. Z.B.: Wie Wasser, Federn oder gar Wolken, oder wie Holz oder Gummi, Stein oder Metall etc.

Weitere Kriterien zum Üben und Skalieren sind: Hell/Dunkel, Schattierungen, Farben, Formen, Oberflächenbeschaffenheit (glatt/rau etc.).

Durch Ihr immer tieferes Zoomen in Ihre eigene Körperwahrnehmung hinein werden Sie zunehmend fokussierter, ruhiger, entspannter, gelassener und gelöster. Sie kommen sozusagen ganz runter auf Ihre Ebene der Sinneswahrnehmung und in Ihren Körper hinein. Und dieser bildet die Grundlage all unserer Gefühle, Empfindungen, Stimmungen und Emotionen. Und somit kommen Sie auch mehr und mehr in eine verbesserte Wahrnehmung der realen Augenblicke des ständig weitergehenden Strom des Lebens und unserer eigentlichen Lebendigkeit im Alltag. In das eigene Erleben im Hier-und-Jetzt. Jenseits der uns in Fleisch und Blut übergegangenen Gewohnheiten des unbewusst laufenden Autopilot. Des ständigen Denkens. Und diese Zustände übertragen sich nach und nach auch immer weiter in Ihr Alltagsleben.

Diese Übung machen Sie bitte jeweils ca. 15 Minuten lang. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn es nicht auf Anhieb klappt. Probieren Sie einfach immer wieder von neuem. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Lösen Sie sich einfach immer wieder, wenn Sie hängen bleiben und fangen Sie wieder neu an. Und wir benötigen, wie im Körpertraining, auch hier meist einige Kontrolltrainings. Mit der Zeit lernen Sie diese Technik und Sie kommen immer tiefer und immer schneller in den Fluss.

Ganz wichtig ist es, dass Sie nach Beenden der jeweiligen Trainingseinheit ganz langsam und entspannt wieder ins Sitzen zu kommen. In diesem Teil geht es nämlich darum, dass Sie den gerade eben erreichten Bewusstseinszustand in Ihr Berufs- und Privatleben mitnehmen. Er wirkt dadurch tiefer und überträgt sich nach und nach immer mehr in ihren Alltag hinein.

Am besten setzen Sie sich nun aufrecht und entspannt auf eine Sitzgelegenheit, die Sie sich vor Übungsbeginn hin gestellt haben, um sich Ihren Zustandes kurz bewusst zu machen. Es handelt sich dabei um einen kurzen Faktencheck der eigenen Bewusstheit von ca. 5 Minuten mittels der folgenden fünf Fragen:

    1. Bewusstes Wahrnehmen der inneren Wirklichkeit

      a) Körper: Was hat sich verändert? Wie nehme ich meinen Körper nun wahr? Wo empfinde ich was? Wie genau fühlt es sich dort an? (Z.B: entspannter, tiefer/ flacher Atem, warmer/ kühler Bauch, Enge/ Platz, Leichtigkeit/ Schwere im Brustkorb etc., lebendige/ energiegeladene/ schlaffe Füsse/ Hände, schwache/ starke Beine etc.)

      b) Gefühle: Wie fühle ich mich insgesamt? Welches Gefühl, Stimmung, Emotion, Empfindung (gelassene, ruhige/ aufgewühlte Stimmung, Freiheitsgefühl, Vertrauen, Zuversicht, Sicherheit/ Unsicherheit, Ruhe/ Unruhe, leicht/ frei/ müde/ gedrückt etc.)

      c) Gedanken: Wie ist der „Durchsatz pro Sekunde“ in meinem Denkapparat gerade jetzt? Herrscht mehr oder weniger Betrieb? Befindet der sich mehr im Vordergrund oder eher im Hintergrund im Vergleich zu vorher?

    1. Bewusstes Wahrnehmen der äusseren Wirklichkeit

      a) Was hat sich in meiner Aussen-/ Fremdwahrnehmung geändert? Fühle ich mich verbundener/ distanzierter zur Umgebung? Fühle ich mich prägnanter/ weniger prägnant anwesend? Nehme ich mein Umfeld bewusster/ weniger bewusst wahr?

      b) Nehme ich meine Umgebung zum Beispiel heller/dunkler, klarer, schärfer/ verschwommener, näher/ distanzierter, weiter/näher zu mir etc. wahr?

Je häufiger Sie sich diese vier Fragen stellen in den kommenden Wochen und Monaten stellen, umso besser werden Sie darin, sich selbst und Ihre Umgebung realitätsgerechter wahrzunehmen. Vielleicht beobachten Sie sich schon bald mitten im Alltag dabei, wie Sie sich selbst und ihr Umfeld ruhiger und gelassener und zugleich klarer, differenzierter und prägnanter wahrnehmen.

Dieses kriteriengeleitete Selbstbewusstheitstraining dient der immer weiter gehenden Wahrnehmung als Grundlage für Ihr gehirngerechtes Lernen aus Erfahrung. Auf diesem Weg lernen Sie die Voraussetzungen für ein effizientes, effektives und nachhaltiges Lernen aus Ihren eigenen Erfahrungen aufzubauen. Dazu werden Sie in den kommenden Sitzungen weitere Informationen erhalten.

Mit der Zeit werden Sie selber immer mehr Übertragungseffekte im Alltag beobachten können. Mit dieser Übung entwickeln Sie sich nämlich als Persönlichkeit in der Tiefe selbst laufend weiter. Sie leben zunehmend mehr auf Ihrer Selbstebene und entwickeln Ihre Identität zusammen mit der sich laufend verändernden Wirklichkeit angemessen weiter. Sie erhalten das sich weiterhin Bewährende und erneuern das Erneuerungsbedürftige in Ihrem Selbst- und Fremdbild.

Wenn Sie merken, dass es sich so anfühlt, als würden Sie dreimal täglich auf Ihre kleine Insel im Alltag gehen oder dreimal täglich den Resetknopf drücken, dann sind Sie definitiv auf dem richtigen Weg. Bis dahin erlauben Sie sich alles Mögliche einfach mit unvoreingenommenem, neugierigen Entdeckergeist auszuprobieren, was Sie weiterbringen könnte. Machen Sie sich bitte Notizen zu Ihren Erfahrungen, Fragen, Erfolgen und Misserfolgen und bringen Sie diese jeweils in die Sitzungen mit.



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